Samstag, 30. März 2013

Schneider, Lampions und Schneider

So, nach 3 realtiv ruhigen Tagen mal wieder ein Post. Vorgestern früh verlassen wir Hotel und Pool in Hue und düsen mit der Taxe an den Bahnhof. Tickets waren schon erstanden, also noch kurz gewartet und dann rein in den SE3 Richtung Süden. Diesmal kein Schlafwagen, wir sind ja nur 2,5h unterwegs. Dafür ganz viele Einheimische, die einen teils aufgeschlossen (die normalen), teils sehr mürrisch (so Dicke in so grünen Uniformen, die ich für Parteifunktionäre halte) anschauen. Das Touri-Einheimischenverhältnis ist heute sicher 1:5. Auch mal was Neues. Wir erfahren sicher eine der schönsten Bahnstrecken (ich bin ja sonst nicht so ein Bahnatiker) Südostasiens. Nämlich entlang des südchinesischen Meeres über den Wolkenpass. Fetzt. Erst knapp über Meeresspiegelhöhe, dann circa 200 Meter drüber. Bombenaussichten bieten sich, es wird gefilmt und fotografiert. Übrigens auch eine der gefährlichsten Bahnstrecken. Erst 2005 entgleiste hier ein Zug und kullerte den Abhang hinab. Am frühen Nachmittag ist der Spaß vorbei und wir stolpern, uns nach einem Weg nach Hoi An umsehend, aus dem Zug. Nach kurzen (nicht erfolgreichen, weil zu teuer) Verhandlungen mit diversen Taxifahrern, schleift uns jemand in den Shuttlebus von Mr. Dung, der uns für läppische 4$ nach Hoi An bringt. Unterwegs gibt es kurze Infos zu verfallenden, amerikanischen Airbases, den Marmorbergen, der Schneiderei seiner Schwester und diversen Resorts direkt an der Küste. In Hoi An angekommen, stehen wir, dank mangelndem Schlafstätte, etwas ratlos umher und werden von einem Local in ein Hotel um die Ecke geschleift. Sieht super aus, hat einen Pool und die Buchte kostet 18$ pro Tag. "Klasse" denken wir und checken ein. Später stellt sich heraus, dass wir im 69. von 70 Hotels auf der Trip Advisor Rankingliste gelandet sind. Letzte Woche wurde hier ständig geklaut und das Personal sei zum Kotzen. Wir sind etwas unruhig und nehmen von jetzt an immer alle Wertsachen mit. Allerdings gab es in den 2,5 Tagen keinerlei Vorkommnisse, was uns wieder frohen Mutes sein läßt. Nach Einchecken und Reinigen geht es auf Richtung Hoi Aner Innenstadt. Weltruhm erlangte die Stadt durch ihre knapp 600 Schneider, die hier maßgeschneiderte Mode für reiche Westler machen. Nici hat eine, daheim verfasste, ellenlange Liste dabei, die hier abgearbeitet wird. Unterstützt durch das Monster versuchen die beiden einen Weg durch den Taylordschungel zu finden. Ich setze mich derweil in ein nahegelegenes "Café" und donnere mir, nach dem Erfreuen der Besitzer durch mein fast fließendes Vietnamesisch, im Laufe von knapp 3 Stunden 5 Bia Sai Gon Lager in den Adonisleib. Zwischendurch schwanke ich kurz auf meinem Sitz, schaffe es aber einige Fotos zu schießen, bevor ich die Beiden wiedertreffe. Es wird im selben Lokal gespeist und ich verschwinde wenig später, durch Saigons Edelbräu und die Hitze geschwächt ins Hotel, während Monster und Nici noch einmal losziehen, um Klamotten anzuschauen. Das Angebot ist riesig und teilweise sehr günstig, Disziplintine, jedoch kauft nur Kleingebäck vom Wägelchen und wehrt allen Stoffangeboten. Der Abend endet für die beiden mit einem Rundgang durch die lampiongeschmückte Altstadt Hoi Ans. Am nächsten Morgen erlebe ich die Stadt selbst bei einem Rundgang und habe das Gefühl, durch eine europäisch, mediterrane Altstadt zu laufen, allein Schrift, Geruch und Menschen holen mich nach Mittelvietnam zurück.Wieder passieren wir hunderte Schneidereien, was uns mehr als einmal über deren Wirtschaftlichkeit nachdenken läßt, denn alle verkaufen ähnliche Produkte und sind doch oft nur eine Haustür voneinander entfernt. Allerdings gibt es hier auch sehr viele Touristen, die Dank etwas weniger Verkehrs auf Mopeds und Fahrrädern durch die Stadt brausen. Wie in Hue laufen wir Rio, unserem Zugjapanerschweizer über den Weg und quatschen kurz. Lustigerweise sehen und treffen wir ständig bekannte Gesichter. So auch den fiesen Hipster, der uns 3x in Hanoi, einmal in Sa Pa, danach in Hue und jetzt hier begegnet. Wir haben bis jetzt kein Wort mit ihm gewechselt uns aber Dutzende Male an seinem Oberlippenbart erfreut. Nachmittags lassen sich beide Mädchen im Spa um die Ecke die Nägel machen, danach schreitet Nicole zum ersten Fitting und Monster und ich essen dank Happycow.net unglaublich gut und günstig in einem sehr versteckt liegendem, kleinem Vegi-Restaurant. Das Minh Hien liegt in einer Seitengasse und ist gleichzeitig eine Bibliothek. Sehr witzig, wenn Schulmädchen ihre Bücher tauschen, während man sich außerordentlich leckere Reispapierrollen in den Mund drückt. Hier koste ich im Übrigen erst das zweite Mal Bia Hoi (frisches Bier) was einem in Hoi An meist für lächerliche 3000 Dong (12 Cent) hinterhergeworfen wird. Hervorragend an heißen Tropenmittagen. Gegen Abend treffen wir Nici nach ihrem zweiten Fitting und laufen (diesmal zu dritt) durch die toll beleuchtete Altstadt, finden nach einer ganzen Weile ein Straßenlokal und essen Pho und die lokale Spezialität Cao Lau. Wunderbar. Anschließend wird eine am Straßenrand sitzende Einheimische um frisch über dem Grill gebratene Süßkartoffelplätzchen erleichtert. Nach der Rückkehr ins Hotel bestaunen wir Geckos beim Fortpflanzen und gehen relativ früh schlafen, denn alle haben zum ersten Mal einen leichten Sonnenbrand und sind dementsprechend angeschlagen. Am dritten Tag leihen wir uns nach dem nun dritten Fitting wieder Klapperräder und düsen das erste Mal in 2 Wochen durch das Gehupe an den Strand. Kurz vor der Ankunft versucht uns ein Pseudopolizist zu stoppen, um die Räder zu parken. Ich fahre empört vorbei und wir versuchen die Räder an der Bar eines lokalen Edelhotels abzustellen. Schnell bittet man den Pöbel wieder zu gehen. Eine Frechheit! Also zurück zum Pseudopolizisten, der uns glücklicherweise nicht sieht, sodaß uns sein Kollege abkassiert. Ich bin zufrieden. Dann zum ersten Mal seit vielen Jahren: Palmen, Strand, Sonnenschein. Herrlich. Innerhalb von Sekunden planschen wir im Wasser. Etwas getrübt wird die Stimmung durch einen sehr unheimlichen Vietnamesen, der uns wieder und wieder bedeutet, die Nici heiraten zu möchten. Diese lehnt ab und wir verlassen, ob seiner lethargischen Geduld, unseren Spot und ziehen 100 Meter weiter. Sein nächstes Opfer ist unsere Nachbarin. Auch hier zeigt er große Ausdauer, sie aber gewinnt durch Ignorieren und er räumt das Feld. Fies. Es wird gebadet, Baguettes und Kleingebäck vom Stand gegessen und dicken Tommies beim Jetskifahren zugeschaut, bevor Wolken aufziehen und wir nach gut 3 Stunden wieder gen Hotel verschwinden. Nach der Dusche laufen wir wieder ins Minh Hien und essen wiederholt lecker und günstig. Auf dem Rückweg fällt uns vor Nicoles Modesalon ein Vietnamese mit einem "I love Bitterfeld" T-Shirt auf und wir kommen ins Gespräch. Er hat von 88-90 im Chemiekombinat Bitterfeld gearbeitet und nebenbei ordentlich Deutsch gepaukt. Wir sind beeindruckt und quatschen noch ein bisschen. Es gab bis jetzt leider viel zu wenig solcher Begegnungen, da die meisten in Verkaufsgesprächen für Touren oder ähnlichem enden oder überhaupt nicht möglich sind, weil unser vietnamesisch so beschissen ist. Am Abend findet Nicole wieder Anklang bei Männern, möchte aber nicht mit 2 Kanadiern "tanzen" gehen und so trinken wir noch ein Bier auf unserem Hotelrundgang (wie bei so Motels), ich schreibe Blog und Tinchen schläft. Morgen haben wir noch einen ganzen Tag hier in Hoi An und fahren dann 18:00 Uhr mit dem Nachtbus nach Nha Trang und dann direkt weiter nach Da Lat in den zentralen Highlands auf 1500 Meter Höhe. Die "Stadt des ewigen Frühlings", na ich bin gespannt. By the way: Wer Fragen zu Vietnam hat oder Kritik üben möchte, kann hier gern kommentieren oder mir eine Mail schreiben, ich versuche das dann so gut wie möglich zu beantworten.

 
 

1 Kommentar:

  1. Hier sieht jeder Tempel aus wie der Moskauer Platz. Inklusive der haarlosen Bewohner. :D

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