Dienstag, 23. April 2013

Oh brother, we art in heaven

Nachdem ich wieder einmal festgestellt habe, dass um 5 Uhr in der Früh Aufstehen nicht gerade zu meiner Paradedisziplin gehört, geht es geradewegs zu Tita Lenlen, bei der wir uns für den heutigen Morgen verabredet haben. Ray ist wieder so lieb und kutschiert uns mit Sack und Pack in den Lakandula Drive. Tita Lenlen erwartet uns schon mit einer Tüte voller Essen (und Bier), nachdem sie tagszuvor darauf bestanden hatte, uns mit allerlei Leckereien zu versorgen. Wir können ihr nicht genug danken und machen uns mit unserer Freundin Deth bald auf den Weg zum Busterminal um einen Van in Richtung Daet zu nehmen. Für die meisten Busse gibt es hier keine festgesetzten Abfahrtszeiten, man fährt einfach zum Busbahnhof, sichert sich einen Platz im Bus und wartet dann bis er voll ist und losfährt. Im besten Fall ist man der letzte Passagier im Bus und hat keinerlei Wartezeiten. Im schlimmsten Fall wartet man 10 Stunden wie es Exi hier vor vielen Jahren schon einmal erlebt hat. Wir haben es gut und nach ca. einer Stunde fährt unser Van los in Richtung Naga, einem Ort, 2 Autostunden von Legazpi entfernt. Dort steigen wir in einen zweiten Van um. Wir müssen wieder nicht lange warten, sitzen aber jetzt zu Viert auf drei Plätzen, was den Komfort ein wenig einschränkt, zumal mindestens die Hälfte der vier Personen über 1.70 groß ist und mehr als 40 Kilo wiegt. Schon nach kurzer Zeit bemerken wir, dass es unser Fahrer anscheinend recht eilig hat. Wir werden mächtig durchgeschüttelt, während er offensichtlich einen neuen Streckenrekord zwischen Naga und Daet aufstellen möchte. Wahrscheinlich haben die uns mit Absicht so eingepfercht, damit wir auf dem Ritt nicht durch den Bus geschleudert werden. Die Anschnallgurte sind nämlich hier auf den Philippinen nur zur Zierde da. Wir erreichen Daet und werden mit dem Tricycle zum Haus von Deths entfernter Verwandschaft gekarrt (die Familien sind hier so groß, dass die Familienmitglieder selbst schnell den Überblick verlieren wer hier wie und mit wem verwandt ist). Kuya Francis (Kuya nennt man hier respektvoll einen männlichen Verwandten also Bruder oder Cousin) öffnet uns die Pforten, wir stellen unser Gepäck ab und es geht direkt mit dem Tricycle zur Bagasbas Beach, dem Stadtstrand von Daet. Hier gibt es eine kleine Strandpromenade und allerlei Surfläden, in denen man sich Bretter ausleihen und Surfstunden nehmen kann. Das macht am heutigen Tage allerdings keinen Sinn, da die Wellen lächerlich klein sind. Das sehen die anderen Surfer auch so, denn es wird sich auch im Laufe des Tages keiner mehr im Wasser zeigen. Wir verspeisen unser mitgebrachtes Mittag, plantschen im Meer, hängen am Strand ab und warten auf Bessie und Rahel, Freunde aus Legazpi, die uns auf den Inseltrip begleiten werden, unseren Bus am Morgen allerdings verpasst haben. Die beiden sind gerade angekommen, da fällt uns ein großer weißer Typ mit albernen Hut auf, der über den Strand spaziert und uns so lange anstarrt bis Deth endlich das Schweigen bricht und ihn anquatscht. Kurzer Hand bietet sie ihm an, uns am nächsten Morgen auf den Island Trip zu begleiten, eine unüberlegte Geste, die wir alle später noch bereuen werden. Isaac heißt er, stammt aus Colorado in den USA und hat sich vorgenommen auszuwandern und auf den Philippinen zu leben. Wenig später entdecken wir ein Tattoo mit einem Skorpionmotiv auf Isaacs Fußspann, der anscheinend in den letzten Tagen auf das Vierfache seiner eigentlichen Größe angeschwollen ist. Naja, die Geschichte zum Tattoo gibts dann noch gratis dazu. Isaac hatte einen Traum, in dem er von Magic Mushrooms benebelt von einem Skorpion gebissen wurde während er durch die Wüste lief und zu verdursten drohte. Nach dem Stich erwacht er in seinem Traum, liegt auf einem Highway und wird dann beinahe von einem Auto überfahren. Der Schreck läßt ihn erst richtig halluzinieren. Alter. Ich habe ihn dann leider noch gefragt, warum er sich die Philippinen zum Leben ausgesucht hat, woraufhin er uns fragt, ob wir "ready for the Story" sind und erzählt eine Vision gehabt zu haben, in der er seine zukünftige Ehefrau in Sorsogon trifft. Wir fangen bereits langsam an zu zweifeln, ob es eine gute Idee ist diesen merkwürdigen Typen mit auf die Insel zu nehmen. Wer weiß wieviele Pilze der mit hat. Es wird noch schlimmer kommen. Isaac verschwindet kurz im Hotel, verspricht aber wieder zu kommen. Das tut er auch, hat aber diesmal seine Gitarre im Schlepptau. Ich ahne Schlimmes und bewege mich fluchtartig in Richtung Wasser. Jeder der mich kennt weiß, wie sehr ich Musik liebe aber fremde Leute, die ungefragt ihre Gitarre auspacken, ihr (Nicht)Können präsentieren und im absolut schlimmsten Fall auch noch anfangen zu singen finde ich echt richtig richtig Scheiße. Mir wurde später erzählt, dass Isaac fies zusammengefrickelten Flamenco zum Besten gegeben hat. Als ich zurückkehre brechen wir zu meiner Erleichterung direkt in Richtung Stadt auf und ich überlege schonmal wie ich den anderen sagen kann, dass wir Isaac (und seine Gitarre) unter keinen Umständen mit auf die Insel nehmen können. Wir kaufen noch auf dem Markt ein (Exi kocht heute Kartoffelbrei mit gebratenen Zwiebeln), fahren nach Hause und stehen kurze Zeit später vor verschlossener Tür. Zum Glück gibt es nebenan eine etwas veruchte Karaokebar, die wir zwar nicht besuchen aber deren Gäste uns mit ihrem Gejaule bespaßen. Zurück im Haus werden wir von Tita Wilma begrüßt, mit Mango Ice-Candy versorgt, kochen, quatschen und fallen müde ins Bett. Isaac hatte uns übrigens für den kommenden Tag abgesagt, nachdem wir ihm vorher am Strand nahegelegt hatten vielleicht wegen seines entzündeten Fußes zum Arzt zu gehen bevor er amputiert werden muss und die ganze Tattooaktion für die Katz war. Am Morgen treffen wir uns ziemlich früh am Haus unseres Tourguides Win und dessen Schwester Ezzy, die gleichzeitig eine sehr gute Freundin von Deth ist. Es gibt Bananen und Pilinut Roll (eine Art Biskuitrolle mit einer Füllung aus Pilinüssen, einer Spezialität hier in der Bicol-Region). Wir fahren zum Hafen und können mit dem Eintreten der Flut endlich unser Boot besteigen, was uns auf die Insel Calaguas bringen wird. Insbesondere Deth ist unglaublich aufgeregt, es ist nicht nur ihr allererster Urlaub, es ist auch ihre erste(!!!) Bootsfahrt. Dementsprechend wird viel gegackert und vor allem fotografiert. Exi und ich haben uns noch nicht ganz daran gewöhnt, einfach immer und überall für Fotos posen zu müssen, lassen es aber weiterhin brav über uns ergehen. Wir haben eh keine Wahl. Die Bootsfahrt dauert ungefähr zwei Stunden und bereits wenige Kilometer vor dem Ziel wird uns klar, dass wir geradewegs eine Trauminsel mit weißem Sand und türkisblauem Meer ansteuern. Mit offenem Mund betreten wir das Eiland, nehmen einen kleinen Snack ein und springen ins glasklare Wasser, schnorcheln was das Zeug hält und werden selbstverständlich wieder Objekt unzähliger Fotos. Später besteigen wir dann noch den größten Hügel der Insel (So richtig abenteurmäßig schlagen wir uns durch den Urwald) um den Wahnsinnsausblick zu genießen, schauen uns wieder unten angekommen den Sonnenuntergang an, bauen unsere Zelte auf, quatschen und trinken Bier. Das Tolle an dieser Insel ist, dass sie noch nicht überfüllt ist und dadurch wirklich paradiesisch wirkt. Wir sind hier zudem die einzigen Weißbrote (zusammen mit einem Albino-Filipino, der uns schon zementsackschleppenderweise am Hafen aufgefallen war). Ein bisschen schwierig gestaltet sich für uns die Nahrungsaufnahme auf der Insel, denn das einzig Vegetarische am Buffet sind Reis und Früchte zum Nachtisch. Exi hat sich ein bisschen am Fisch probiert, für mich gibt es am Mittag Reis mit Sojasauce und am Abend Reis mit Ketchup. Zum Frühstück am nächsten Morgen wird dem Reis freundlicherweise noch ein bisschen Schweinefleisch untergejubelt. Naja, nicht so cool für uns, aber die Filipinos stehen drauf. Wir haben noch kurz Zeit ins Wasser zu springen und ein bisschen zu schnorcheln bis uns unser Boot schon wieder abholt. Diesmal herrscht ein rauher Seegang, der ein bisschen an unsere Busfahrt am Tag zuvor erinnert. Zurück in Ezzys und Wins Haus stellen sich die Jungs in der Mittagshitze schön jeweils zwei Red Horse rein (6,9%), wir essen köstlich (endlich vegetarisch) und kehren danach zu Tita Wilma und Kuya Francis zurück. Hier werden wir von Antonio begrüßt, ein Cousin zweiten Grades von Deth, der eigentlich seit vielen Jahren in den USA lebt aber zum Studieren für ein paar Jahre in die Heimat zurückgekehrt ist. Ein letztes Mal kehren wir an den Strand zurück, schauen diesmal Surfern beim Wellenreiten zu und lassen den Tag am Strand ausklingen. Am Abend halten wir erneut für die Fotos im Familienalbum her, es gibt Tomatensalat für mich und Tomaten mit gesalzenen Eiern für den Rest, ein philippinisches Gericht, was traditionell wie fast alles andere auch, zusammen mit Reis verspeist wird. Bevor es wieder zurück nach Legazpi geht machen wir am Morgen noch einen kleinen Spaziergang mit Tita Wilma, die uns von ihrer Zeit in Kuwait und Singapur erzählt und Exi und mich später zwingt uns in einer Kutsche mit Pferd fotografieren zu lassen. Wir machen es natürlich, zumal Tita Wilma, wie eigentlich alle Filipinos, die wir bisher getroffen haben, extrem herzlich und gastfreundlich war und fast ein bisschen traurig war, dass wir nicht länger bleiben konnten. Im Van gehts dann kurze Zeit später wieder nach erst nach Naga und dann nach Legazpi, wo uns Tita Lenlen schon mit selbstgemachtem Fruchtsalat und einer anderen, violetten Süßspeise erwartet. Später geht es ein paar Häuser weiter zu Bessie. Diese wohnt im Haus ihrer Mutter (Tita Christy), die in Aruba lebt und Exi und Quaste damals vor 11 Jahren nach Legazpi eingeladen hatte. Hier wohnen wir jetzt zusammen mit Bessies beiden Kindern, einem Alligatorfisch, einer Schildkröte, drei Hunden und drei kleinen Welpen. Am Abend besuchen wir nach einer kleinen Shoppingtour in der Stadt noch eine alte Kirche nahe Legazpi, in der (weil Sonntag ist) gerade eine Messe stattfindet, weshalb wir uns ins danebenliegende Restaurant setzen und bei Bier, Mangoshake, Mount Mayon und Sonnenuntergang den Tag ausklingen lassen. Exi trifft noch am gleichen Abend George wieder, mit dem er und Quaste damals den Mayon bestiegen hat und wir beschließen, morgen mit ihm aufzubrechen um etwas Neues zu erleben. Wir sind gespannt.

2 Kommentare:

  1. Heiße Bilder und cool-fieser Panik-Trick, um den Mushroom-Hippie los zu werden! Weiter so ... und geht mal in die Sonne.

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  2. Apropos: is der Titel eigentlich ein cleverer semantischer Schachzug, um euer beider Zustand zu beschreiben? "We art in heaven" - ich sehe "art" in dem Fall als Tine = "are" (ist) im Himmel, während wohl bei Exe eher "fart in heaven" zutrifft. Die YingYang-Version ist dann "art". Irgendwie romantisch.

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