Sonntag, 4. August 2013

Endstation Abenteuerspielplatz

Ok, Steve vom Shuttleservice holt uns ab, dann schwupps rein in den Flieger nach Auckland, Laurel vom Airport Bed&Breakfast ist so lieb, uns dort abzuholen, obwohl es schon ziemlich spät ist. Wir verschwinden auch gleich im Bett, denn die folgende Nacht wird auf dem Flughafen gepennt, da unser Flug nach Maui schon 6:45 geht. Laurel schippert uns und die Rucksäcke am Morgen wieder an den Aucklander Flughafen und wir heben durch die Wolken ab gen Nordwesten. Auf dem Flug gibt es nicht viel zu sehen, allerdings reisen wir witzigerweise in der Zeit zurück, gestartet sind wir am Morgen des 25., landen werden wir am Abend (so kurz nach 21:00) des 24. Cool! In Honolulu angekommen (und wie immer stundenlang an der Customs&Border Protection angestanden) genießen wir kurz die plötzliche Wärme (immerhin sind hier nachts 25° mehr als in NZ) und merken anschließend, dass hier ALLES zu hat. Kein Kiosk, keine Schnellfresse, nichts, der Flughafen ist gerade eine ziemliche Baustelle. Prima. Und wir hängen jetzt hier 9 Stunden ab. Also wie die Penner auf 'ne Bank gelegt und versucht etwas Schlaf zu bekommen. Ich schaffe 2,5, Tine knapp 3 Stunden. Zwischendurch entdecken wir dankbarerweise einen Automaten, der uns ziemlich teuer Wasser verkauft und noch später, dass es überall die typischen Trinkbrunnen gibt. Hervorragend. Na schön, der Morgen naht und wir schleppen uns und das Gepäck rüber zum Inter-Island-Terminal. Und warten, denn die Angestellten unserer Fluglinie kommen sehr spät. Gut, irgendwann haben wir dann endlich eingecheckt und sitzen müde am klitzekleinen Gate als der Aufruf zum Boarden kommt. Tranig schleppen wir uns über's Rollfeld zum ... Gebäude daneben. Die Karre wird noch "routinemäßig" gecheckt, alles gut. Nur ein paar Minuten später geht es dann wirklich los, die Stewardess nuschelt gelangweilt die Sicherheitseinweisung vor sich hin, bringt mir eine Dose japanischen Eiskaffee und wir sind in der Luft. Und gelandet. Der kürzeste Linienflug meines Lebens. Keine 23 Minuten. In Kahului sammeln wir unsere Rucksäcke auf und werden vom Shuttlebus an die Autovermietung gefahren. Drinnen sitzt eine sehr hübsche aber UNglaublich dicke (Willkomen in den Staaten) Hawaiianerin und übergibt uns die Schlüssel unseres Gefährtes für die nächsten 10 Tage. Bestellt hatte ich die kleinstmögliche Klasse, wir bekommen einen Chevi Impala, der ist nicht nur locker länger und schwerer als die beiden Campervans in Australien und Neuseeland, dieses Meisterwerk amerikanischer Autobaukunst gurgelt auch genau soviel Sprit weg, wie die beiden (locker 10 Jahre alten) Toyota Hiace in Oz und NZ. Macht wenig, denn Sprit kostet selbst auf Hawaii nur knapp 90 Cent pro Liter. Wir rollen vom Acker und direkt nebenan bei K-Mart wieder drauf. Wir sind im Gegensatz zu den meisten Touristen eher arm und werden auf Maui zelten. Also Kocher, Zelt und allerlei Quatsch (Pfanne, Besteck, blabla) gekauft und danach zu Walmart, Lebensmittel einkaufen. Erst die positive Überraschung: es gibt Bier! Auch Craft Biere, unter anderem aus Big Island. Dann die negative: die Groceryabteilung ist so groß wie Vieselbachs Dorfkonsum und es gibt im Grunde nur Schrott. Chemie, Zucker, Fett, you name it. Nicht eine Frucht liegt hier neben Tiefkühlburgern, Fertigpizzen und asiatischen Nudelsuppen. Shit. Also die Variety Box der Kona Brewery und die bestmöglichen Lebensmittel rausgesucht, ab in die Karre und nach kurzem Besuch in Lahaina direkt nach Olowalu, wo unser erster Zeltplatz wartet. Der kostet dasselbe wie die neuseeländischen ist aber verglichen mit diesen lächerlich ausgestattet, es gibt Dixiklos, immer mal ein Waschbecken und ein Paar (ja groß) Duschen. Dafür liegt er direkt am Wasser, man kann Kayaks, Schnorchelzeug und Stand-up Boards leihen und hat eine herrliche Sicht auf den gegenüberliegenden Vulkan. Wir springen kurz ins Wasser und verpennen den Nachmittag ziemlich müde im Zelt. Am nächsten Morgen lernen wir Jessica und Michele aus dem Tessin kennen, die hier, wie wir die letzten drei Monate, im Campervan unterwegs sind. Wir quatschen eine Weile, verschenken unsere Nudeln und Dosentomaten, die wir doch nicht kochen können, da wir keinen geeigneten Topf haben und machen uns auf, die Westküste Mauis abzufahren. Wir besuchen eines der vielen Blowholes, werden aber wegen gerade herrschender Ebbe etwas enttäuscht und fahren die immer schmaler werdende Straße weiter durch teilweise an die Philippinen erinnernde Landschaft und kleine Dörfer. Zurück in Olowalu kaufen wir (sehr teure) Früchte vom Tourifruchtstand, kippen ein paar Bier und schlafen, auch vom vielen Verkehr ermüdet, relativ fix ein. Der nächste Tag bringt die erste Kayaktour, wunderschönes Schnorcheln (wir sehen Korallen, Fische und ich begrapsche eine der vielen Seeschildkröten) und das erste Kentern mit dem Kayak. Am späten Nachmittag cruisen wir noch schnell mal nach Kihei, schauen uns dieses ultratouristische Örtchen an und sitzen abends mit den beiden Tessinern bei Spaghetti und Bier zusammen und quatschen. Einer der Zeltplatzlocals (Jake) gesellt sich zu uns und er erzählt, wie wir später merken, wie viele der hier wohnenden Amis, ohne Punkt und Komma. Allerdings hat er die Logik des metrischen Systems wohl verstanden und ist ein ziemlich kritischer Amerikaner. Nach dem Aufstehen beschließen wir, heute den Highway to Hana zu befahren, bauen unser Zelt ab und sitzen kurz danach im Auto. Erste Station ist Paia, ein relativ alternatives Örtchen an der Nordküste. Hier bekommt man prima Kaffee im Café des Amis, statt Malls gibt es kleine Hippylädchen und viele Wunderheiler und andere Esoteriker. Wir fahren weiter gen Osten, beschweren uns immer wieder über die, die extrem kurvige und enge Straße superlangsam befahrenden Mainlandtouristen, halten in Ke'anae, bewundern das kleine Dorf, die schwarzen Felsformationen und die, darauf teilweise sehr tollpatschig herumstorchenden Touris. Wir halten an einem der vielen fotogenen Punkte und sind überrascht, als in einer Kettenreaktion dutzende Leute ebenfalls an die Seite fahren um zu sehen, was wir da entdeckt haben. Haha, witzig! Wir erreichen Hana nach circa 3,5 Stunden, finden die etwas versteckte Red Sand Beach, machen Bildchen, beobachten, wie die Wellen in einem der Lavalöcher pulsieren und sitzen kurz danach wieder im Auto, denn wir müssen noch weitere 10 Meilen bis nach Kipahulu fahren, dort befindet sich einer der Zeltplätze des Haleakalā-Nationalparks auf dem wir die Nacht verbringen werden. Auf dem Weg nach Osten wurde das Radioprogramm immer wieder unterbrochen um (unserer Meinung nach etwas übertrieben) vor dem aufziehenden tropischen Sturm "Flossy" zu warnen. Man soll sich Lebensmittel, Wasser und Sprit für mehrere Tage besorgen und bei Bedarf in die öffentlichen Schutzräume aufsuchen. Wir machen uns wenig draus, besuchen die am Nachmittag sehr überrannten "Seven Sacred Pools" unterhalb einiger malerischer Wasserfälle und bauen unser Zelt wegen des stärker werdenden Windes direkt hinterm Auto auf. Die Nacht ist ordentlich windig und es regnet immer wieder, doch das Zelt bleibt einigermassen trocken und wir besuchen die Pools erneut, sind aber diesmal dank Herrgottsfrühe die einzigen hier. Sehr, sehr schön. Wir knipsen und machen uns auf den Weg zurück nach Westen (ohne allerdings das Grab Charles Lindberghs besucht zu haben, schade!), halten kurz in Hāmoa Beach, beobachten einige Surfer und fahren im immer wieder einsetzenden Regen ins Queen Ka'ahumanu Center, wo Starbucks mit WLAN lockt. Gegen Nachmittag sind wir wieder auf dem Zeltplatz in Olowalu, Schnorcheln ein bisschen und schauen besorgt gen Himmel. Keine 10 Minuten nach der Dusche setzt ein mächtiger, tropischer Regen ein und wir beschließen, die Nacht im Auto zu verbringen, denn der Zeltplatz ähnelt immer mehr einem dreckigen Swimming Pool. Mehr schlecht als recht ausgeschlafen kullern wir früh aus der Karre, packen unser (wieder nur mäßig feuchtes) Zelt ein und fahren den Vulkan hinauf. Bevor ich herkam, konnte ich mir kaum vorstellen, auf dieser kleinen Insel einen beinahe 3000 Meter hohen Berg zu finden, allein die Fahrt hinauf ist atemberaubend, schon nach kurzer Zeit befindet man sich über den tiefhängenden Wolken und wir entdecken, dank unseres "Maui revealed" Buches einen Ausblick, der eine imposante Sicht über den riesigen Krater des Vulkans bietet. Wir besuchen den Gipfel und parken unser Vehikel dann am Besucherzentrum denn es lockt ein "Spaziergang" über den "Sliding Sands Trail" im Krater. Beim Hinablaufen wird einem immer wieder das Ausmaß dieses Loches im Berg bewußt, aus der knapp 20 Kilometer weiten "Ebene" stechen immer wieder kleine Vulkane (mit den eigentlichen Kratern, den großen hat die Erosion geschaffen) heraus und weit und breit wachsen nur sehr vereinzelt Pflanzen. So müssen sich die Marsrover fühlen. Krass! Diese Landschaft hätte ich im sonst so tropischen Hawaii nicht erwartet. Ich schieße hunderte Bilder und wir laufen die im Besucherzentrum mit 3 Stunden angegebene Strecke in 90 Minuten, begehen noch den nächsten "Cinder Cone" (so heißen die kleinen Vulkane), picknicken und machen uns auf den Rückweg. Der natürlich ist weitaus schwerer, wir sind über 750 Meter nach unten gelaufen, die müssen wir jetzt wieder hinauf. Wir haben glücklicherweise ordentlich Wasser dabei und unglücklicherweise keine Sonnencreme. Nach dem fast eine Stunde länger dauernden Aufstieg haben wir beide rote Clownsnasen und ich mir die Hände verbrannt. Gut, das wir unsere Kapuzen aufhatten, sonst hätte uns die Sonne als Streichhölzer verkleidet. Nach unserem 17 km Ritt sind wir beide ziemlich kaputt und rollen den Berg hinab zum zweiten der Zeltplätze im Haleakalā-Nationalpark. Nach Zeltaufbau und kurzem Gequatsche mit zwei veganen(!) und nicht trinkenden(!!!) Tschechen, die wir schon vorgestern gesehen hatten, fallen wir sehr müde ins langsam zur Heimat werdende Zelt. Am Morgen fahren wir das bis jetzt noch nicht gesehene Stück Südküste ab (der Highway to Hana ist zwar hiermit verbunden, aber nach unserem australischen Dirtroad-Abenteuer haben wir wenig Lust auf solche Aktionen), erfreuen uns an der Rauhheit und Einsamkeit der Region und fahren auf dem Rückweg wieder nach Paia, essen das erste Mal auswärts und sitzen bald darauf wieder in Olowalu auf dem Campingplatz, schnorcheln, trinken Bier und verschwinden im Zelt. Tine möchte unbedingt Souvenirs mitbringen, also fahren wir am Morgen wieder nach Lahaina, sehen uns die Tourimaschine (überall werden Perlenketten usw. verkauft, von denen die meisten "Handmade in the Philippines" sind) an, kaufen dann also doch nichts und leihen uns nach der Rückkehr zum Zeltplatz zwei Kayaks aus. Allerdings ist der Wind heute auch noch mächtig stark und so bringt Tinchen ihr Boot relativ fix zum Ufer zurück und begleitet meine Kayaksurfing-Versuche schwimmend. Nach mehreren imposanten Runs und dem Gefühl der Meister in dieser von mir erfundenen Sportart zu sein, kommt es wie es kommen muss: ich kentere und das leichte Bötchen wird sofort vom Wind abgetrieben und wir müssen mit gerettetem Doppelpaddel ans Ufer schwimmen. Ron, unser Kayakverleiher wirft sich mutig in Tines am Ufer liegende Kayak, paddelt raus, um meinen zu bergen und ... kentert. Immer wieder. Na prima. Vom Ufer aus ist er gar nicht zu sehen, denn das Boot klappert ihm immer mal wieder über den Kopf. Niemand der am Ufer sitzenden Amis ist bereit zu helfen und es fallen Sätze wie: "Uh, maybe we should call the Coast Guard or something", also schnappen Monster und ich uns, kurzentschlossen und von solcher Luscherei enttäuscht, das nächstliegende Doppelkayak, düsen wie die Nassen durch den fast tobenden Pazifik raus zu Ron, übernehmen sein Kayak und retten ihn damit. Tief ist es dort nicht, aber die Korallen liegen direkt unter der Oberfläche und die Wellen spülen einen immer wieder hin und her. Tine steigt in ihr altes Kayak um, ich sitze weiter in dem langen Lulatsch und Ron schwimmt und läuft langsam und vom Ballast befreit zum Ufer. Tinchen und ich rudern nebenher, wobei ich den Spaß rückwärts mitmache, weil man das lange Elend nicht gegen den Wind gerdeht bekommt. Nach circa 1000 Fastliegestützen sind alle sicher am Ufer und atmen durch. Aufregend und gerade nochmal gutgegangen! Mit dem Ozean ist also nicht zu spaßen. Noch leicht geschockt kaufen wir ein 12er Pack Bier und kippen diese bis spät abends mit Ron und Tom, einem anderen Zeltplatzbewohner. Was am Anfang wie ältere Touris aussah (wobei ich mich immer wunderte, warum sie nicht die schönen Plätze direkt am Meer belegen) hat sich im Laufe unseres Aufenthaltes als viele auf Maui gestrandete Amis herausgestellt. Einige leben seit mehreren Jahren hier, teilweise weil die Wohnkosten auf Maui extrem hoch sind, teilweise weil sie einfach kein Geld für die Rückkehr aufs Mainland haben. Das Realisieren dieses Faktes ändert mein Beobachten dieser Leute mächtig. Steigend ist der Eindruck, dass sie, typisch amerikanisch, gute Miene zum bösen Spiel machen und nicht wirklich wollen, dass man ihre Situation erkennt, das fängt beim Ablenken in Gesprächen an und manifestiert sich auch in den nicht enden wollenden, ohne Punkt und Komma erzählten, ordentlich aufgebauschten Lebensgeschichten vieler (immer männlicher) Bewohner des Platzes. Jeder war mal sehr erfolgreich und verdiente viel Geld (was sicher wahr ist) und doch sitzen sie nun auf einer, zugegebenermassen schönen, Insel fest. Die Höhen und Tiefen des Lebens in den USA. Allerdings sind alle sehr freundlich, es gibt nie Ärger und wir quatschen öfter mit den verschiedenen Charakteren. Zurück zum eigentlichen Geschehen: Gestern, dem vorletzten Tag auf Maui fahren wir nochmal ins, bis jetzt nicht besuchte Iao Valley, bestaunen die, hier der  Vorstellung entsprechende Landschaft mit ihren extrem steilen, grünen Felswänden und lernen einiges über die Kriegstreiberei der alten Hawaiianer. Den Rest des Tages verbringen wir relativ langweilig in einigen Orten auf der Insel und abends noch einmal lange quatschend mit Ron, der uns offensichtlich ziemlich dankbar ist, ihn da rausgeholt zu haben. Heute geht nicht viel, außer Zelt abzubauen, Rucksäcke zu packen, Auto abzugeben, nach Honolulu zu fliegen, Auto abzuholen und zum nächsten Zeltplatz zu fahren und Zelt wieder aufzubauen, denn unsere ziemlich intereassante Zeit auf dem doch so anderen Maui ist fast vorbei.

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